Magensäure (Teil2)
zu viel oder doch gar zu wenig?
7/7/2025


Welche Aufgaben der Magen bzw der saure Magensaft erfüllen müssen, damit die Verdauung optimal ablaufen kann, habe ich bereits letzten Monat in dem Beitrag über die Magensäure erklärt. In kurzen Worten: im Magen wird der Nahrungsbrei desinfiziert und für die weitere Verdauung zerkleinert, Eiweiß wird aufgespalten, Pathogene werden abgetötet und schlussendlich werden dort auch einige wichtige Mineralstoffe (zB Eisen, Zink, Magnesium und Calcium) und Vitamin B12 für die Aufnahme in den Körper vorbereitet.
Heutzutage haben immer mehr Menschen Probleme mit der Verdauung und besonders mit dem Magen. Bauchschmerzen, Blähbauch, Aufstoßen und Sodbrennen, chronisches Völlegefühl und erhöhte Infektanfälligkeit sind dabei nur einige der Symptome, die am häufigsten auftreten und die vielen Menschen das Leben schwer machen.
Der Arzt schickt die Patienten dann meistens zur Magenspiegelung (Gastroskopie) und verordnet einen „Magenschutz“ (Protonenpumpenhemmer, also Pantoloc, Omeprazol, Pantoprazol und Co). Doch damit sind die Probleme selten gelöst.
Denn Protonenpumpenhemmer sollen einem Zuviel an Magensäure entgegenwirken. Aber ist es wirklich ein Zuviel? Öfter, als man denkt, haben die Betroffenen nämlich einen Mangel an Magensäure! Dieser kann zu denselben Beschwerden führen, wie zuviel Magensäure.
Die Produktion von Magensäure nimmt im Lauf des Lebens immer mehr ab. Die Gründe sind vielfältig:
altersbedingt verminderte Freisetzung von Gastrin und dadurch weniger Magensäureproduktion
Stress (fährt die gesamte Verdauung hinunter)
Schleimhautentzündungen
Mangel an wichtigen Cofaktoren, die die Bildung von Magensäure beeinflussen, zB Zink
Fehlernährung
längere oder ständige Einnahme von Magensäureblockern
zu häufige Nahrungsaufnahme, wodurch der Magen nicht genug Zeit hat, um erneut anzusäuern und sich auf den nächsten Speisebrei vorzubereiten
ungenügendes kauen und damit zu große Nahrungsbestandteile für eine optimale Verwertung im Magen
diverse Medikamente, Rauchen
Autoimmunerkrankungen
Wie kann man testen, ob man nun zuviel oder zu wenig Magensäure hat?
Grundsätzlich gilt: wenn man eher NACH dem Essen Sodbrennen oder Aufstoßen hat, ist es ein Hinweis auf einen Mangel an Magensäure, da der Nahrungsbrei nicht ausreichend zersetzt wird, zu lange im Magen verweilt und es dann zur Gasbildung kommen kann und weil auch die Steuerung des Schließmuskels, der den Magen zur Speiseröhre hin verschließt, nicht gut gesteuert wird.
Natron-Test für zuhause:
(Hat in der Schulmedizin keine Relevanz, ist aber für einen ersten Eindruck akzeptabel.)
morgens auf leeren Magen 1TL Natron in einem Glas Wasser gelöst trinken, normalerweise muss man nach 2-5min aufstoßen
Kommt es zu einem verzögerten oder gar keinem Rülpsen, kann das auf einen Mangel an Magensäure hinweisen.
Man sollte den Test aber an mehreren Tagen machen, um eine Tendenz erkennen zu können.
Labordiagnostik:
Gastropanel (testet Pepsinogen und Gastrin)
Vollblut-Mineralstoffanalyse und Bestimmung des Vitamin-B12-Spiegels (als Holotranscobalamin und in Kombination mit Methymalonsäure)
Funktionelle Diagnostik mit Magensaftanalyse, Ösophagusmanometrie
Helicobacter pylori Diagnostik
Betain-HCl-Test
(nur mit fachlicher Begleitung!!)
Ok, zu wenig Magensäure! Was nun?
Natürlich kommt man nicht um professionelle Unterstützung herum! Das Problem ist komplex und kann mit vielen Faktoren zusammenhängen. Allein herumzudoktern ist selten wirklich zielführend.
Hier sind ein paar Tipps, die dennoch hilfreich sein können:
Bitterstoffe vor dem Essen können die Magensäureproduktion unterstützen
bittere Lebensmittel in den Speiseplan integrieren, zB Radicchio, Endiviensalat, Chicorée, Brokkoli,…
Stressreduktion! vor allem vor und während des Essens
in Ruhe essen, gut kauen und aufrecht sitzen
seltener Essen und Essenspausen einlegen, damit der Magen Zeit hat, wieder anzusäuern und zwischen den Mahlzeiten zu regenerieren
eventuellen Zinkmangel ausgleichen
Pflanzenextrakte, wie Kamille, Myrrhe und Wermut, können die Magenregeneration unterstützen
Zusätzlich empfiehlt sich eine Anpassung der Ernährung, ein Ausgleich von Nährstoffmängeln, möglicherweise eine Unterstützung durch Verdauungsenzyme und/oder Betain-HCl, eine generelle Darmsanierung, Stressmanagement, etc. Hierfür braucht es aber professionelle Begleitung durch ganzheitlich arbeitende Ärzte oder Therapeuten.
Noch ein paar Gedanken zu langfristiger Einnahme von Magensäurehemmern / Protonenpumpenhemmern (PPIs):
Diese Medikamente gehören zu denen, die am häufigsten verschrieben werden - oft ohne vorher ausreichend untersucht zu haben, ob sie notwendig sind. Denn, wie schon erwähnt, viele Menschen haben nicht zu viel, sondern zu wenig Magensäure.
Reduziert man ohne tatsächlichen Säureüberschuss über lange Zeit den Säuregrad im Magen, kann das schwerwiegende Konsequenzen haben:
· mangelnde Desinfektion des Speisebreis
· erhöhte Infektanfälligkeit, durch verminderte Elimination von Pathogenen und Keimen
· reduzierte Vorverdauung des Speisebreis und der Proteine, was zu einer gestörten weiteren Verdauung im Darm führt und Blähungen, Bauchschmerzen Reizdarm-Symptomen etc verursachen kann
· Mineralstoff- und Vitaminmängel
· hohe Wahrscheinlichkeit einer Dünndarm-Fehlbesiedelung (SIBO) und einer Dysbiose (gestörte Darmflora) im Dickdarm
Selbstverständlich gibt es Situationen, in denen eine Medikation mit Protonenpumpenhemmern unumgänglich ist, zB bei einer massiven Schleimhautatrophie. In diesem Fall kann Magensäure wirklich ein riesiges Problem für die kaputte Schleimhaut sein. Ich musste jedoch häufig feststellen, dass PPIs sehr unbedacht und ohne exakte vorangegangene Diagnostik verschrieben werden.
Als Patient darf man also durchaus genauer nachfragen, wenn ein Arzt nach einer kurzen Konsultation ohne weitere Untersuchungen gleich ein entsprechendes Rezept ausstellt ohne weitere Alternativen anzubieten.
Auch, wenn Verdauungsprobleme heutzutage schon fast „normal“ sind, sind sie kein unlösbares Problem! Mit der richtigen Unterstützung und etwas Geduld lässt sich durchaus wieder ein gutes Bauchgefühl herstellen.



